Dienstag, 3. März 2015

"Wenn jetzt noch einer schreit...

...zieh ich aus."

Meine beste Freundin schrieb mir in einer anderen Situation mal aufmunternd: "Komödie = Tragödie plus Zeit."

In diesem Sinne lesen Sie nun:

eine Komödie in 3 Akten. In den Hauptrollen: ein Fischstäbchen, zwei Kinder, 3ml Hustensaft und eine (gefühlt) 4-armige Mutter in einer halben Stunde an einem eigentlich ganz normalen Abend.

Erster Akt: 

Freitag Abend. Mama mit Kindern allein zu Haus.
Ein hungriges Kind betrat die Bühne: Fiona. Ich bot ihr die drei vom Mittag übriggebliebenen Fischstäbchen an. Sie sah, wie ich die Fischstäbchen aus dem Kühlschrank holte. Ihr Kommentar: "Ich will aber nicht drei. Nur einen." - "Na dann isst du eben nur einen." Kartoffelpüree machte ich extra für sie frisch, ein scheinbar grundlos weinendes Baby auf dem Arm dabei. Während Fiona aß, wollte ich mich zu ihr setzen, aber das Baby auf meinem Arm schrie wie von der Tarantel gestochen.
Nach 2 Bissen legte Fiona lustlos die Gabel hin. "Ich bin so müde. Heute geh ich ohne Zähne putzen ins Bett." - "Nee nee, vergiss es."
Während ich das große Kind unter Protest ins Bad schickte, nahm ich das Kleine mit zum Wickeltisch ins Schlafzimmer. Ich rieb ihren Bauch mit Windsalbe ein (hilft meistens, wenn sonst nichts ist), sie schrie weiter. Mit dem Schreikind auf dem Arm ging ich ins Bad, wo ich für Fiona (die so tat, als könne sie die Augen nicht mehr offen halten, wann immer ich in der Nähe war) Wasser zum Händewaschen ins Waschbecken einließ. Ich forderte sie auf, ihre Fingernägel zu schrubben, sie kratzte mit der Bürste nur sinnfrei im Waschbecken herum.
Als ich die Zahnbürste, die schon fix und fertig mit Zahnpasta auf dem Waschenbeckenrand lag, zur Seite nehmen wollte, bevor sie runterfällt, schlug Fiona um sich, weil sie dachte, ich wolle nun ihre Fingernägel schrubben. Tränen. Ich füllte mit immer noch schreiendem Baby auf dem Arm warmes Wasser in eine Schüssel und stellte sie in einer limboartigen Verrenkung einarmig auf dem Boden ab. "Wasch dir mal bitte noch deine Füße. Die riechen nach Verwesung!" - "Was ist denn Verwesung?" Als ich gerade zum Erklären ausholen wollte, donnerte es in der Windel. Nasenbetäubender Gestank. Sie hörte kurz auf zu Schreien, war wohl selber erstaunt. Aufatmen. Aber nicht zu tief...puh!

Zweiter Akt:

In der Küche.
Während das große Kind sich den Pyjama anzog - nicht ohne Motzen, warum der nicht warm sei, obwohl er auf der (zugedrehten und dann vergessenen) Heizung lag -, aß ich wegen akuten Magenknurrens im Vorbeigehen 2 Löffel Kartoffelpüree und ein Stück Fischstäbchen von Fionas noch fast vollem Teller, das stinkende Baby noch immer auf dem Arm. Wie es Murphys Law so will, fiel mir die Hälfte von der Gabel und landete auf dem Fußboden. Das große Kind kam just in dem Moment dazu und tadelte meine Essensmoral. Es fielen die Worte "wie ein Schwein" und "wenn das Papa gesehen hätte". Das Baby begann erneut zu weinen und wie Fiona mir noch Vorträge übers Kleckern hielt, sah ich den Hustensaft auf dem Tisch. Ich bat sie, ihn noch schnell vor dem Schlafengehen zu nehmen. Fiona diskutierte wieder und ich konnte förmlich dabei zusehen, wie mein Nervenkostüm sekündlich Federn verlor. "NIMM. JETZT. DEINEN. HUSTENSAFT!" - "Aber ich wollte dir was sagen!!" "WAS DENN?!" - "Na....also...der Hustensaft riecht als wäre er verschimmelt. Oder verwest." Orrrrrrrr...... Schlussendlich schluckte sie mit übertriebener Gestik und bühnenreifer Mimik die 3ml Saft und ging ins Kinderzimmer. Ich wickelte das Baby und ging hinterher. Einundzwanzig, zweiundzwanzig...

Dritter Akt:

Im Kinderzimmer.
"Machst du mir noch eine CD an? Aber die xy". Ich suchte diese eine, bestimmte CD, die es unbedingt sein musste. Chaos. Hüllen fielen zu Boden, es schepperte, das Baby schrie. PLAY. Fiona, im Bett, wurde wütend, weil ihre Schwester so laut schrie, dass sie ihre CD nicht verstehen konnte, machte eine ausladende Bewegung mit dem Kopf und stieß sich am Hochbettpfosten. Beide Kinder brüllten. Bravo. Während ich das kleine Kind wippend auf dem Arm in die Küche trug, um für das große aus dem Kühlschrank das "Kühlmonster" zu holen, wiederholte ich wie ein Mantra: "Sei ruhig, bitte bitte sei ruhig...". Ich legte anschließend das Baby ins Arbeitszimmer unter den Activitybogen, schloss die Tür für eine Minute um kurz durchatmen zu können (sie verstummte augenblicklich. Nanu, Mama, was soll das jetzt?!), schmierte mir in Rekordzeit ein Brötchen, nahm sie wieder auf den Arm, setzte mich zum Stillen ins Wohnzimmer und fühlte mich im ersten ruhigen Moment wie erschossen.
Mutter erschöpft ab (noch bevor das Prime Time Programm im TV so richtig angefangen hatte).


Kennt ihr diese verhexten Tage/Abende auch?
Was macht ihr, um in solchen Stresssituationen gelassen zu bleiben? 
Duftlampe? Ommmmm?

6 Kommentare:

  1. Duftlampe hilft da gar nix. Ich zähle die Sekunden, bis mein Mann zuhause ist und gebe ihm A) das Baby, B) die Grosse oder C) BEIDE in den Arm, mit der Erklärung: Wenn Du Dich nicht augenblicklich um A, B oder C kümmerst, bringe ich A, B oder C um."
    Und wenn es noch zu lange dauert, bis der Papa da ist, habe ich ein Mantra: "Eins nach dem anderen, wie in Paris". Ich versuche, nicht mehr das Ganze (Chaos) zu sehen, sondern nur Stück für Stück mich vorzuarbeiten. Das beruhigt ungemein. Und ansonsten: Du wächst mit ;-) Irgendwann hast Du dann tatsächlich vier Arme, hihi.

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    1. Haha ja, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Irgendwas muss bei der Evolution schief gelaufen sein. Anders kann ich mir nicht erklären, dass Mütter eben immer noch nur 2 Arme haben ^^

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  2. Oooooom..... Ich musste lachen ;-)

    Schön, dass es überall manchmal so ist!

    LG Catrin

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  3. Also was soll ich sagen ... bei uns ist es fast jeden Abend so ;-) Irgendeiner hat bei Dreien immer etwas und manchmal auch alle Drei gleichzeitig *lol*. An manchen Abenden kann ich das gut wegstecken und an anderen reißen meine Nerven auch.
    Du hast da so wunderbar anschaulich beschrieben, ich konnte es mir bildlich vorstellen ;-)

    Liebe Grüße
    Stephi

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  4. Anonym3/04/2015

    omg. ur gut! made my day! ich bin zwar 'nur' das Aupair, aber bei uns sieht es jeden Tag so aus. Eines heult/schreit/stampft/motzt immer rum. Ich sperr mich dann für 2 Minuten im Bad ein und zupf Augenbrauen;-)
    liegrü:-)

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  5. Ach schön wie du das schreibst....Kommt mir sooo bekannt vor. Denk immer: Es kann nur besser werden :) LG

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