Mittwoch, 21. Oktober 2015

Mittwochs-Mimimi

Follow my blog with Bloglovin Bei Twitter gibt es das Hashtag #mimimi, meist in Verbindung mit dem Montag. Das ist dieses "alles doof" und "ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden". Wenn man es dann mal rausgezwitschert hat, ist es ja meist schon besser...

Ich bin Musiklehrerin und Dirigentin.
Und ich war in den ersten 5 Tagen meiner Herbstferien mit Musikschülern im Probenlager.
Probenlager heißt, wir wohnen zusammen in einem großen Haus, wir essen gemeinsam Frühstück, Mittag, Abendessen, wir proben, üben, spielen, basteln, lachen. "Unsere" 20 Kinder waren zwischen 6 und 11 Jahre alt, dazu kamen 40 Gastkinder unserer Partnerschule aus der Nähe von Warschau, mit denen wir gemeinsam ein deutsch-polnisches Musikprojekt auf die Beine stellen.

Die Proben haben super geklappt, es war nur streckenweise im 60-Mann-Orchester ein bisschen sehr laut. Meine ersten polnischen Vokabeln heißen übersetzt "Krach", "ruhig", "Pausen" und "eins zwei drei vier". An einem der Tage kam sogar ein Regisseur, der einen Film über uns und das Projekt produziert, der vermutlich im Hessischen Rundfunk zu sehen sein wird. Quintessenz der Kinder-und-Lehrerinterviews war: "Der beeindruckendste Moment war der, als polnische und deutsche Schüler gemeinsam Musik gemacht haben, obwohl sie sich nicht unterhalten konnten. Musik ist eben eine internationale Sprache."

Wir hatten sehr schöne Tage, haben viel gelacht und tolle Erfahrungen gesammelt beim Mundharmonika lernen, Pompoms basteln, im Indoorspielplatz, bei der Akkordeon-Solo-Meisterschaft mit Medaillenverleihung und bei der internationalen Disco. "Die Jungs klopfen immer bei uns", "xy ärgert mich" und "Sie blutet ein bisschen an der Lippe. Hast du ein Pflaster?" hat man auch immer dabei, aber es musste niemand vorzeitig abgeholt werden und alle hatten eine schöne Zeit.


Ich war glücklicherweise nicht alleine verantwortlich für die Kinder, wir waren insgesamt 5 und zeitweise sogar 7 Betreuer, aber dieses Tag und Nacht dabei sein, organisieren, proben, koordinieren und durchzählen schlaucht doch ganz schön. Ich sag mal so: ich liebe unsere Probenlager, aber hinterher weiß man auch immer ganz genau, was man die letzten Tage gemacht hat.

Dieses Mal kam noch dazu, dass ich mich erkältet hatte und direkt am ersten Tag mit einem dicken Kopf rumlief. Kennt ihr das Gefühl, wenn man denkt, es hätte jemand Watte in die Ohren gesteckt? War für das Mundharmonika lernen nicht soo schlecht, aber insgesamt war ich nur 80% meiner selbst. Einen Tag später "wanderte" die Erkältung in die Bronchien und beschloss, auch dort zu bleiben. Ich bellte so, dass mir Tränen in die Augen stiegen und ich dachte, beim nächsten Anfall würde ich meine Lunge mitraushusten... Das 10-Monats-Baby, das derzeit Probleme mit dem schwierigen Spagat zwischen "Das möchte ich können" und "Das kann ich tatsächlich" hat, war zeitweise auch entspreched quengelig und praktiziert im Moment nachts etwas, das mit Durchschlafen nicht viel gemeinsam hat.
Zu allem Überfluss habe ich gestern auch noch eine falsche Bewegung mit dem rechten Arm gemacht, während ich das Baby auf dem linken hielt. Im Reflex griff ich nach der fallenden Trinkflasche und machte eine Bewegung, die ich gerne rückgängig machen würde, wenn ich könnte. Die Schmerzen in der Schulter machen den Arm völlig unbrauchbar, ich kann ihn unter Belastung keinen Zentimeter vom Körper wegbewegen. Hose hochziehen oder Fenster öffnen sind gerade beinahe unmöglich und ich schreie regelmäßig auf vor Schmerz, wenn ich ihn bewege und dabei nicht an den invalidisierten Arm denke. Das schreit nach Arzt...

Das große Kind war in diesem Jahr zum ersten Mal nicht als "mein Kind", sondern als reguläre Musikschülerin dabei und war kaum zu merken. Einzig auffällig war das täglich mehrfache Stoßen und Stolpern, aber die Gliedmaßen sind im Moment einfach unproportional lang und sie hat sie nicht im Griff, was unzählige blaue Flecken an Knien und Schienbeinen bezeugen.

Nach diesen 5 ereignisreichen Tagen kommen wir nun also nach Hause, ich pfeife auf dem allerletzten Loch und will eigentlich nur ins Bett.
Das Baby hat sich das anders vorgestellt und quengelt. Es ist sauber. Es ist satt. Es klebt an mir dran in der Manduca. Und es kratzt beim Nörgeln meine Leberflecke am Hals auf und schreit wütend, wenn ich seine Hand wegschiebe, weil es mir weh tut. Es hat nicht umsonst den Spitznamen Godzilla. In diesem Moment, in dem ich - der einarmige Bandit, der fast im Stehen einschläft - eigentlich nur die Beine langmachen und mich erholen will, sagt das große Kind, es wolle jetzt basteln.
B-A-S-T-E-L-N!!

Durchatmen.
Ich machte mir einen Pfefferminztee, ihr einen Kakao und wir bastelten tatsächlich ein wenig. Ich half, so gut das mit sich windendem Quengelbaby in der Bauchtrage eben möglich war. 3 Kreuze, als der Piratenschiffbausatz fertig war! Dann der Wunsch nach dem zweiten Bastelprojekt.
Ich erklärte ihr, dass ich einfach nicht mehr könne, wirklich nicht, und einen Tag Pause brauche. Sie wollte aber j-e-t-z-t basteln.
Am Ende weinten wir alle drei. Das Baby vor Müdigkeit, Fiona vor Enttäuschung und ich vor Erschöpfung.

Ein Moment, in dem man erkennen und einsehen muss, dass man nicht Lehrer, Dirigent, Erzieher, Animateur und Supermama gleichzeitig sein kann. That's life.

Kennt ihr solche Situationen auch? 
Wie schafft ihr den Spagat zwischen working mum und Zirkusdompteur?

2 Kommentare:

  1. Kenn ich, fühl dich gedrückt ♥

    Das war aber auch ganz schön viel bei euch für eine Woche, das hat dann ja auch eher Nix mit Spagat zwischen Working Mum und Zirkusdompteur zu tun, das war HARDCORE ;o)

    Von daher: Alles wird gut, es wird besser :o)
    Alles Liebe ♥
    Nadine

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  2. Unsere Große lässt sich derzeit noch recht einfach ruhigstellen: "Möchtest Du Robyn auf den Arm nehmen?" - Kind ruhig, Baby erfolgreich geparkt (aber nicht zwangsweise ruhig) und ich hab mal die Hände frei :)

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